Onkel Ho, Dollar und Dong, Motorroller-Schwärme, aufdringliche Geschäftlichkeit, bitterarme Bergvölker und kaum verheilte Kriegsnarben bei Natur und Mensch: Das ist das Vietnam, das wir im November und Dezember 2011 erlebt haben.
ALLGEMEINES
Preise: Vietnam ist sehr billig. Ganz allgemein gesagt, kostet alles etwa 10 Prozent von dem, was man bei uns zahlen würde. Die Hotels in denen wir übernachtet haben, waren durchwegs Unterkünfte der gehobenen Klasse und wir bezahlten 25 bis 45 $ (18 bis 35 Euro) pro Nacht und Zimmer inklusive Frühstück. Hostels sind ab 7 $ pro Nacht und Zimmer überall zu finden. Eine Taxifahrt kostet pro Kilometer etwa 10.000 Dong (0,3 Euro), die Fahrt mit dem offiziellen Vietnam-Airlines-Bus vom Flughafen von Hanoi ins Zentrum kostet 2 $. Für Inlandsflüge haben wir 52 $ (40 Euro) bezahlt, die Zugfahrt Hanoi – Lao Cai (ca. 400 km) kostete 168.000 Dong (ca. 6 Euro). Für ein Menü mit drei Gängen in einem Restaurant der gehobenen (Touristen-)Klasse muss man mit etwa 90.000 Dong (3 – 4 Euro) rechnen, ein Bier (0,5 l) kostet etwa 0,5 bis 1 Euro.
In Vietnam hat jedes, aber wirklich jedes Hotel einen freien Wifi-Internetzugang. Deshalb lohnt es sich, einen Laptop oder ein Smartphone mitzunehmen. Wir haben alle Hotels über booking.com gebucht und sind damit wunderbar zurecht gekommen.
Längere Strecken sollten mit dem Flugzeug (Preise für Inlandsflüge: ca. 40 – 60 Euro) oder dem Nachtzug (Softsleeper-Bett ab ca. 25 Euro für 400 Kilometer) zurückgelegt werden. In Vietnam gibt es keine Autobahnen wie bei uns und die Busfahrer rasen auf den mit Schlaglöchern übersäten Straßen was das Zeug hält.
Wir haben in folgenden Hotels übernachtet: Marigold (Hanoi; ca. 45 $; gehobene Klasse, sehr hilfsbereites Personal, sehr gute Lage am Altstadtrand, sehr gutes Frühstücksbuffet mit vietnamesischer Küche; Buchung des Zugtickets: das Personal hat die Tickets direkt am Bahnhof besorgt und dafür praktisch keinen Aufpreis verlangt); Sapa Luxury Hotel (Sa Pa; ca. 32 $; sehr freundliches und hilfsbereites Personal; Buchung von Buszubringer und Zug möglich; für Sa Pa auf der teureren Seite, dafür wird jeder Wunsch erfüllt, wie etwa ein zusätzlicher Heizstrahler für das Hotel; Frühstück könnte mehr Auswahl bieten – es war sicher das schwächste Frühstück des Urlaubs); Hai Au (Hoi An; ca. 35 $; fünf Gehminuten von der Weltkulturerbe-Stätte; sehr freundliches und hilfsbereites Personal, das auch bei außergewöhnlichen Fällen Rat gewusst hat – musste ein Aufladegerät für das Blackberry kaufen; Frühstück war sehr gut und umfangreich; Transfer vom Flughafen zum Hotel per Taxi wurde direkt vom Hotel organisiert - 15 $ für 30 Kilometer, hat sich sehr ausgezahlt); Than Thien Hotel (Hue; ca. 18 $; eindeutig das beste Preis-Leistungsverhältnis der gesamten Reise; super Frühstück, komplett neues Hotel mit entsprechend neuen Zimmern und Ausstattung; das Hotel hat uns direkt nach der Buchung angeschrieben und uns den Transfer vom Busbahnhof angeboten – ohne Aufpreis, genial; das Personal an der Rezeption ist äußerst kompetent, will einem nichts aufschwatzen und zeigt einem alle Möglichkeiten auf; auch der Wäscheservice ist sehr günstig)
Gebuchte Touren: Ha Long (95 $; ATP), My Son (5 $ + 3 $), Trekking Sa Pa (18 § in 5er-Gruppe; alternativ 29 $ zu zweit mit Guide), Hue und Kaisergräber (10 $ + 4 x 3 $; über Hotel in Hue gebucht), DMZ (18 $; Veteran als Führer), Cooking Class in Hanoi (29 $; Marktbesuch, Kochkurs, Essen; zu zweit mit Guide und Koch), Tam Coc (32 $; Southeast Travel (?); Insgesamt 6 Personen + Guide)
Wir haben wie schon bei unseren vorangegangenen Reisen wieder zwei Reiseführer verwendet: den Lonely Planet Vietnam von 2010 und den Reise-Know-How von 2006. Der Lonely Planet war topaktuell, auch was die Preise angeht und hat uns gute Richtwerte geboten. Der Reise-Know-How war deutlich tiefgehender und hat mehr Hintergrundinformationen geboten
AUSZÜGE AUS DEM REISETAGEBUCH
Freitag, 25.11. und Samstag, 26.11.2011
... Der Nachtarkt hat uns einen ersten Eindruck vom Hanoier Großstadtleben gegeben: Es spielt sich alles auf der Straße, besser gesagt am Boden ab: Die Leute sitzen auf winzigen Schemeln zusammen, essen und trinken Bier oder verkaufen irgendwelche Waren.
Noch beeindruckender als der Markt ist allerdings der Verkehr in den engen Straßen Hanois: Von sechs Uhr Früh bis ungefähr Mitternacht legt sich ein Hupkonzert über die Stadt, das sich wie ein summender Bienenschwarm anhört und von den Millionen Kleinmotorrädern verursacht wird. Verkehr in Hanoi heißt Kleinmotorrad. Jeder scheint den ganzen Tag mit dem Moped durch die Gegend zu fahren. Dies macht sich nicht zuletzt in der Luftqualität bemerkbar; den Feinstaub kann man fast greifen und deshalb verwundert es nicht, dass jede Zweiradfahrerin mit einer Schutzmaske ausgerüstet ist. Auch einen Helm hat beinahe jeder auf. Das Problem dabei ist nur, dass der Helm eine bessere Kappe ist, die in Europa nicht einmal für Playmobil-Figuren zugelassen werden würde.
Trotz des immensen Verkehrsaufkommens haben wir in Hanoi nicht einen Unfall gesehen. Die Mopeds rollen zwar wie Insektenschwärme durch die Straßen von Hanoi, die Menschen fahren aber – anders als etwa in den italienischen Großstädten – nicht aggressiv, sondern gleichmäßig. So kann man als Fußgänger im dichtesten Verkehr die Straßen überqueren, man muss dabei nur mit gleichmäßiger Geschwindigkeit zielstrebig die gegenüberliegende Straßenseite anpeilen. Das klappt wirklich!
Sonntag, 27. November 2011
... Zeitig machen wir uns auf den Weg zu Onkel Ho. Onkel wer? Ho Chi Minh, im Volksmund Onkel Ho genannt, ziert nicht nur jeden Dong-Schein, sondern scheint auch sonst der Übervater des vietnamesischen Staates zu sein. Er ist nicht, wie er in seinem Testament festgelegt hatte, verbrannt worden, sondern wird in einem pompösen Mausoleum ausgestellt. Die Besuchszeiten sind streng reglementiert und letzter Einlass ist um 11.30 Uhr. Da wir um die langen Schlangen vor dem Mausoleum aus unseren Reiseführern Bescheid wussten, machten wir uns schon um 7 Uhr auf den Weg. ... Zu Fuß schlenderten wir am so genannten Militärbezirk entlang und begegneten dabei keinen anderen Touristen, dafür aber alle 50 Meter einem Wachposten. Eine so hohe Präsenz an Soldaten macht Eindruck und wird wohl nur an wenigen anderen Orten auf der Welt erreicht.
Auf der Straße zum riesigen Platz vor dem Ho-Chi-Minh-Mausoleum promenierten wir eine Prachtallee entlang, die mit hunderten Flaggen Vietnams und Israels drapiert war. Ein Staatsbesuch ist für die sozialistische Republik Vietnam noch etwas Außergewöhnliches und wird entsprechend zelebriert. Apropos Sozialismus. Bis auf die nackte Ankunftshalle im Flughafen von Hanoi hat man in Vietnam nicht den Eindruck, dass man sich in einem Land befindet, das von einer kommunistischen Einheitspartei regiert wird. ... Man bekommt überall alles zu kaufen, kabelloses Internet ist in jedem Hotel und beinahe jeder Bar verfügbar, Fabriken westlicher Konzerne dominieren die Vorstädte von Hanoi und außerhalb der Stadt sieht man alle paar Kilometer Baustellentafeln mit wahnwitzigen Bauprojekten. Echter Kommunismus sieht anders aus. ...
Vor dem Präsidentenpalast, einem Gebäude aus der französischen Kolonialzeit im Stil der Jahrhundertwende, haben wir uns erlaubt, mit einem Fuß den Gehsteig zu verlassen, schon sind wir von einer der Dutzenden Wachen zurückgepfiffen worden. Doch damit nicht genug: Nach dem sinnlosen Weg um den ganzen riesigen Platz ist uns gesagt worden, dass meine Shorts für den Besuch bei Onkel Ho zu kurz seien. Sie müsse bis ans Knie reichen, doch dazu fehlten einige Zentimeter. Nun ja, Onkel Ho in seinem Glassarg ist ja nicht die einzige Sehenswürdigkeit in Hanoi und deshalb sind wir mit kurzen Hosen (bei 28 Grad und einer unglaublich hohen Luftfeuchtigkeit die einzige sinnvolle Wahl in Sachen Bekleidung) weiter zum Literaturpalast. ...
Danach sind wir noch einmal zufällig am Onkel-Ho-Gelände vorbeigekommen und haben es wieder mit dem Eintritt versucht: 20.000 Dong (ca. 0,7 Euro) pro Kopf bezahlt und dann kommt die Aufseherin und bedeutet uns, dass ich mit meinen Hosen nicht dem Onkel Ho meine Aufmachung machen durfte. Wir waren schon beim Abdrehen, als uns der staatliche Souvenirverkäufer zu sich winkte und mir die Lösung meines Problems präsentierte: Einen etwa 1,2 Euro teuren Schal, den er zweckentfremdete und ihn mir als Rock umband. Problem gelöst! Onkel Ho sieht lieber Männer in Frauenkleidern, als Männer in zu kurzen Hosen… Schon wenige Meter nach dem Souvenirstand stockte die Menschenmenge. Wer zu Onkel Ho will, muss sich einer peniblen Leibesvisite unterziehen. Fotoapparate und Videokameras sind tabu und müssen am Sicherheits-Check abgegeben werden. Dann ist man bereit für Onkel Ho. Das Mausoleum wird von gut hundert in strahlend weißer Uniform gekleideten Soldaten bewacht und ist auf etwa 10 Grad herunter gekühlt - Onkel Ho soll sich ja wohl fühlen.
Mittwoch, 30. November
Fahrt mit dem Tagzug nach Lao Cai
Minibus-Abzocke am Bahnhof von Lao Cai für die Fahrt nach Sapa (300.000 Dong statt 100.000 Dong bezahlt)
Donnerstag, 1. Dezember
Wanderung mit Guide, zwei Deutschen und einem Holländer zu einem einsamen Dorf eines Bergvolkes. Beeindruckend, besonders das Essen bei den Verwandten der Guide. Guide und eine Deutsche haben sich bei Stürzen leicht verletzt mit Sandalen geht man nicht ins Gebirge (gilt für beide!).
Freitag, 2. Dezember
Wanderung auf eigene Faust in der Umgebung von Sapa. Die Deutschen und vor allem der Holländer haben uns das Feilschen gelehrt! Begleitet worden sind wir von drei einheimischen Frauen, die uns ihre Handwerksware verkaufen wollten. Unglaublich, wie negativ sich Tourismus in einer derart armen Region entwickeln kann. Die armen Bergvölker betteln um Almosen, entwürdigend und traurig.
Samstag, 3. Dezember
...
Flug nach Da Nang (mit Flughafen-Pickup-Bus zum Flughafen; Abfahrt vom Vietnam-Airlines-Büro in der Nähe des zentralen Stadtsees; 2 $ pro Person; fährt jede Stunde ab 6 Uhr; mindestens eine halbe Stunde vor Abfahrt dort sein, weil der Bus schnell voll ist). Am Flughafen haben wir via Skype das Hai-Au-Hotel in Hoi An angerufen und uns ein Taxi bestellt, um uns direkt ins Hotel bringen zu lassen. Hat wunderbar geklappt und war für die 30 Kilometer mit 15 $ auch relativ preisgünstig.
Sonntag, 4. Dezember
... Unsere zweite Vietnam-Woche hat mit Regen begonnen, der uns in Zentralvietnam dann auch nicht mehr verlassen sollte. Bei noch trockenem Wetter sind wir per Minibustour zum Weltkulturerbe My Son aufgebrochen. My Son ist eine relativ weitläufige Cham-Tempelanlage, die einige hundert Jahre lang in völliger Vergessenheit zugewachsen ist und erst um 1900 von den Franzosen wiederentdeckt wurde. Durch die amerikanische Bombardierung ist die Anlage, die vom Vietcong als Basis verwendet wurde, erheblich zerstört worden. ...